Hauptvorträge

Donnerstag, 13. September


- 20:15Uhr - Prof. Dr. Roman A. Siebenrock (Innsbruck)

Wo spielt die gegenwärtige Theologie im Hinblick auf die Wahrheitsfrage?

Wunsch, Illusion, Einbildung, Lüge: oder doch wahr? Das Wörtchen „wahr“ wird als Gütesiegel für Überzeugungen verwendet, die den Anspruch erheben, die gemeinsame Wirklichkeit adäquat zu erfassen, um so gemeinsames Leben und Handeln zu ermöglichen. Dieser Anspruch wird in Rechtfertigungsverfahren getestet, die je nach den verwendeten Wahrheitstheorien moduliert werden.

In einem solchen Testverfahren steht nicht nur theologisch viel, bisweilen steht alles auf dem Spiel. Im Zeitalter der „fake news“ und „alternativer Fakten“ wird es ohne eine realistische Komponente in der Wahrheitsauffassung nicht gehen: Hält diese Brücke? Sind die Nachrichten und Theorieszenarien zum Klimawandel glaubwürdig oder die Menschenrechte zur Gestaltung des sozialen Zusammenlebens unverzichtbar?

Noch mehr in der christlichen Theologie. Die Rede von, zu und über Gott in unserer Glaubenstradition ist historisch gebunden an die konkrete Gestalt Jesu Christi und deren treuen Überlieferung in der Kirche. Wenn die apostolischen Zeugnisse als „klug ausgedachte Geschichten (2 Petr 1,16) eingeschätzt werden und die Glaubensgemeinschaft in der Weitergabe des Zeugnisses grundsätzlich versagt haben sollte, dann hat das Christentum keine gerechtfertigte Grundlage mehr; auch wenn einige Erzählungen und ethische Vorstellungen noch gerettet werden können. Deshalb heißt die eigentliche Herausforderung der Theologie: Ludwig Feuerbach. Doch mit einer Variation: es gibt auch nützliche, nicht nur entfremdende Projektionen.


Videointerview mit Prof. Dr. Roman A. Siebenrock (Innsbruck):

Teil 1 von 2:



Teil 2 von 2:



Skript zum Vortrag:
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Freitag, 14. September


- 09:15Uhr - Prof. Dr. Marian David (Graz)
Das Wesen der Wahrheit und die Toleranz.


Videointerview mit Prof. Dr. Marian David (Graz):

Teil 1 von 2:



Teil 2 von 2:




- 11:00Uhr - Dr. Viera Pirker (Wien)
  
Identität, ihre Konstruktion und Religiosität: Wo kommt die Wahrheit im Spiel? 

Identität hat wieder hohe Konjunktur. Derzeit wird mit dem Begriff ein abgrenzendes Kollektivdenken proklamiert, welches Psychologie und Soziologie schon verabschiedet hatten. Auch wenn die Sprache auf religiöse Identität kommt, geht es oft um Zugehörigkeiten, Identifikationsprozesse zwischen Person und Gruppe - wie „christliche Identität“, „muslimische Identität“, „evangelische Identität“ - und ihre Ausdrucksweisen.

Der hoch individuelle und interaktionelle, fragile und ergebnisoffene Prozess der beständigen Identitätskonstruktion, in dem „Religiosität“ verortet werden und Bildung ansetzen kann, wird hingegen wenig wahrgenommen. Einer subjektorientierten Religionspädagogik ist die Perspektive der ersten Person wohl vertraut – doch kann in dieser Perspektive überhaupt von „Wahrheit“ gesprochen werden?

 

Videointerview mit Dr. Viera Priker (Wien):





- 14:30Uhr - Prof. Dr. Dagmar Hoffmann (Siegen)

Hinters Licht geführt!? Vom Suchen, Finden und Prüfen der Wahrheit im Netz

Eine der großen Verheißungen des Internet sind lange Zeit neben der gesellschaftlichen und kulturellen Partizipation vieler, die Bereitstellung von Informationen und Wissen für jedermann gewesen. So ermöglicht vor allem das Web 2.0 theoretisch den in den 1970er Jahren postulierten, emanzipatorischen Mediengebrauch. 

Ernüchternd muss man bilanzierend heute feststellen, dass sich de facto aber nur wenige junge zivilgesellschaftliche Akteure netzbasiert kulturell und politisch engagieren, sich die Dienste und Anwendungen aufklärerisch zu Nutze machen. Das Internet steht nicht mehr wie um die Jahrtausendwende für die moderne Wissensgesellschaft, sondern wird als Verbreitungsmedium für Fake News, Verschwörungstheorien und Populismus verstanden. News im Instantformat, widersprüchliche Berichte und Zahlen, Dementi auf Nachrichtenportalen und in sozialen Netzwerken tragen zum Glaubwürdigkeitsverlust und zur Verunsicherung bei – nicht nur bei der Wahrheitsfindung sondern auch mit Blick auf die Meinungsbildung. 

Mein Vortrag wird sich mit den Suchprozessen im Netz sowie mit beispielhaften Phänomenen beschäftigen, die für voraussetzungsvolle Wahrheitsprüfungen stehen, die gerade für Heranwachsende entwicklungsbedingt bedeutsam sind.


Videointerview mit Prof. Dr. Dagmar Hoffmann (Siegen):





Sonntag, 16. September


- 09:30Uhr - Prof. Dr. Thorsten Knauth (Duisburg-Essen)

Mehrperspektivität und Dialog. Die Wahrheitsfrage in der dialogischen Religionspädagogik – ein Plädoyer für Bescheidenheit 

Die Wahrheit gehört hinein in das schmuddelige und zerbrechliche, verwundbare Leben. Im Umgang mit ihr hilft Bescheidenheit als hermeneutische Haltung, die zeigt, dass man nicht das Maß aller Dinge ist und sein muss. Religionspädagogisch tritt Wahrheit im Modus der Frage auf, die von allen gehört und beantwortet werden will. Die Form der Wahrheit ist ein Gespräch, das auf Suchen und Entdecken ausgerichtet ist. Ihr Inhalt speist sich aus Deutungen, die die Suchenden sich zu eigen machen: zweifelnd und stotternd, inbrünstig gewiss und pointiert, ironisch, zynisch oder hoffnungsfroh.


Videointerview mit Prof. Dr. Thorsten Knauth (Duisburg-Essen):

Teil 1 von 2:


Teil 2 von 2:



- 10:45Uhr - Prof. Dr. Ednan Aslan (Wien)

Im Dialog wird meine Wahrheit reicher
 
Plurale Gesellschaft als religionspädagogische Aufgabe Muslimische Schüler und Schülerinnen stehen vor Fragen, die sie aus ihrer eigenen kulturellen und religiösen Tradition nicht kennen. Ihre Eltern wußten vielleicht, wie sie mit religiösen Minderheiten in ihren Herkunftsländern umgehen können, oder was der Islam über Juden und Christen im Koran aussagt, aber dass sie eines Tages selbst einmal als Minderheit in einer christlich, pluralistisch geprägten Gesellschaft leben und ihre Zukunft dort gestalten würden, ist nicht nur die betroffenen Menschen, sondern auch für die islamische Theologie eine besondere Herausforderung, die auf die Frage, wie Muslime in einer säkularistisch-pluralistisch geprägten Gesellschaft leben können.
Die in Europa lebenden Muslime, die ständig mit einer religiösen und kulturellen Vielfalt konfrontiert sind, stehen massiv vor dieser Aufgabe als im Vergleich zu islamisch-geprägten Ländern, ihre eigene Theologie unter den pluralistischen Verhältnissen Europas weiterzudenken, weil nämlich die Zukunft des Islam in Europa entscheidend vom Gelingen einer solchen Gesellschaft abhängt. In diesem Prozess können die Muslime sich nicht nur von den Leistungen anderer Religionen abhängig machen, sondern sollten in einem aktiven Dialog mit anderen Religionen eine eigene Theologie im europäischen Kontext neu prägen, so dass der Islam aus seiner eigenen Denktradition heraus die Widersprüche zwischen Islam und pluralistischer Gesellschaft klärt und Impulse in Richtung der islamischen Länder sendet, sozusagen als Beweis dafür, dass eine pluralistische Gesellschaft auch mit einem koranischen Konzept begründbar ist.
Unter den besonderen Bedingungen Europas kommt der Erziehung muslimischer Kinder zur Pluraltiätsfähigkeit eine hervorgehobene Bedeutung zu, damit die hier heranwachsenden Muslime nicht nur ihr Verhältnis zur gesellschaftlichen Vielfalt neu überdenken, sondern auch ihre eigene Religiösität unter neuen gesellschaftlichen Verhältnissen kritisch zu hinterfragen lernen.
Der islamische Religionsunterricht als Ort interreligiöser und interkultureller Begegnung bietet die einzigartige Chance im Dialog mit anderen Kulturen und Religionen ihre eigene dynamische Identität in einer pluralen Gesellschaft nicht nur zu stärken, sondern als eine neue Lebensweise in die muslimische Gemeinden hineinzutragen, damit der Dialog und Pluralität in der muslimischen Community nicht nur diskutiert, sondern auch erlebt wird.

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